Gendern und Gleichstellen in Mainburg – Die Zeiten gendern sich auch am GGM
Projekt „Schule gegen Sexismus“ in der 9. Jahrgangsstufe
„Sollen wir in der Ex auch gendern?“ Diese Frage ist kürzlich vor einem kleinen schriftlichen Leistungsnachweis gestellt worden. Das Thema Gleichstellung und deren Umsetzung ist am GGM also längst angekommen. Um der Auseinandersetzung mit Rollenstereotypen, Vorurteilen und auch sensiblen Aspekten wie sexuellem Mobbing Raum und Zeit zur Auseinandersetzung zu geben, haben die Verbindungslehrerin, Frau Holler-Müller, und die Ansprechpartnerin für Gleichstellungsarbeit am GGM, Frau Förstner, mit den Schülerinnen der 9. Jahrgangsstufe ein „Projekt gegen Sexismus“ durchgeführt. Die Basis der Projektarbeit bildet dabei das Material der Organisation „Pinkstinks“ ( https://pinkstinks.de/schule-gegen-sexismus/ ), die auch vom Bundesministerium für Familie (BMfF) gefördert wird und an vielen Schulen in Deutschland zur Beschäftigung im Rahmen der Verbesserung bei der Gleichstellung bereits eingeführt worden ist.
Der Einstieg zum Thema war zugleich auch Anlass für die Wahl des Termins, nämlich der Weltfrauentag am 08. März, der daran erinnern soll, dass die Rechte der Frauen fortwährend und weltweit gestärkt und geschützt werden müssen. Außerdem fiel der „Equal pay day“-also der Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon ab dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden, auch in diese Woche. (https://www.lpb-bw.de/equalpayday)
Zu Beginn des Projekts haben sich die Schülerinnen mit Vorurteilen gegenüber den Geschlechtern auseinandergesetzt, wobei schon hier der Versuch, bestimmte Eigenschaften in Schubladen wie „typisch männlich“, „typisch weiblich“ einzuordnen, deutlich gemacht hat, dass dies den Mädchen nicht sinnvoll erscheint. Ist Fürsorglichkeit spezifisch weiblich? Sind Männer Weicheier, wenn sie einen Kinderwagen schieben? In der Diskussion haben die Schülerinnen gezeigt, dass sie die Welt durch Schwarz-Weiß-Malerei zwar einfach ordnen, diese dadurch aber nicht der Realität entsprechend darstellen können. Die Frauenbewegung der 1970er Jahre hat dazu maßgeblich beigetragen und so zum Beispiel eine rechtliche Grundlage errungen, nach der Frauen in der Bundesrepublik seit 1977 endlich und jederzeit Geld verdienen dürfen und Männer sich um ihre Kinder kümmern können.1
Ausgehend von der historischen und rechtlichen Entwicklung ist darüber diskutiert worden, wie wichtig es ist, so sein zu können, wie man sich selbst fühlt und zwar unabhängig von bestimmten gesellschaftlichen Rollenerwartungen. Am wichtigsten scheint aber die Erkenntnis gewesen zu sein, dass „Geschlechter-Schubladen“ auf der Basis von Selbstbestimmung und dem Wunsch nach Unabhängigkeit auch veränderbar sind. Frauenrechte sind somit immer auch Freiheitsrechte, die im Laufe der Jahrhunderte erkämpft worden sind.
Einen weiteren Gesichtspunkt stellt die Frage dar, wie das Thema Kleidung für Frauen und Mädchen gesehen wird. Die Schülerinnen wünschen sich auch bei diesem Thema grundsätzlich alle Freiheiten. Einschränkend kann man auf den Schutz der Jugend hinweisen, der allein die Auswahl der Kleidung beschränken könnte. Doch bei jeglicher Bekleidung muss gelten: Kein Kleid ist eine Einladung für Gewalt! „Es geht niemanden etwas an, wieviel man von seinem Körper zeigen möchte. Es geht niemanden etwas an, aus welchem Grund man das tut. Ob einem heiß ist, man sich selbstbewusst und attraktiv dabei fühlt, oder ob man seine Religion liebt.“2
Als Überleitung zum nächsten Aspekt ist der Musik-Clip „Sichtbar sein“ gezeigt worden, in dem es um den Wunsch geht, als Frau auch sprachlich wahrgenommen und damit sichtbar zu werden. Die Schülerinnen haben sich daraufhin darüber ausgetauscht, wie und ob das Gendern, wie man die sprachliche Erweiterung gemeinhin nennt, an unserer Schule bisher erfolgt. Im Anschluss daran haben die Mädchen sich überlegt, was sie sich für Maßnahmen wünschen würden, die Gleichstellung am GGM weiterzuentwickeln. Dies sind zum Beispiel das Verwenden gendergerechter Sprache von der Schüler- wie auch der Lehrerschaft, außerdem der Hinweis darauf, bei körperlichen oder verbalen Übergriffen eine Vertrauensperson anzusprechen und sich zur Wehr zu setzen sowie grundsätzlich eine weibliche Perspektive im und außerhalb des Unterrichts einzufordern.
Das Feedback der Schülerinnen auf die Projektarbeit war sehr positiv, denn die Weiblichkeit in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken, ist gerade im Teenageralter von besonders großer Bedeutung, aber (noch) keine Selbstverständlichkeit. Die betreuenden Lehrkräfte haben die Arbeit mit den Schülerinnen als bereichernd erlebt, weil dies als wichtiger Beitrag zur Entwicklung der Persönlichkeit gesehen wird und somit nicht nur als Floskel in der bayerischen Verfassung als Auftrag an die Schulen zu finden ist, sondern in diesen Stunden mit den Schülerinnen umgesetzt worden ist.3 Damit dürfte die Frage, ob man auch im Unterricht gendern sollte, sich für viele beantwortet haben.
StRin A. Förstner und OStRin C. Holler-Müller
1 vgl. Pinkstinks Germany e.V. (Hg.): Das Arbeitsheft, Ein Projekttag zum Thema Geschlechter-Stereotype, Vorurteile und sexuelles Mobbing für die Mittelstufe (7. – 9. Klasse), Hamburg, 2021, S. 12.
2 Pinkstinks Germany e.V. (Hg.): Das Arbeitsheft, Ein Projekttag zum Thema Geschlechter-Stereotype, Vorurteile und sexuelles Mobbing für die Mittelstufe (7. – 9. Klasse), Hamburg, 2021, S. 22.
3Gemäß den obersten bayerischen Bildungszielen, Art. 131 der Bayerischen Verfassung, gehört es zur Aufgabe der Schulen, neben der Vermittlung von „Wissen und Können“ auch „Herz und Charakter“ der Heranwachsenden zu bilden und sie somit in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen.
Zitiert nach: https://www.isb.bayern.de/grundsatzabteilung/paedagogische-grundsatzfragen-blkm/alltagskompetenz/, zuletzt aufgerufen am 25.04.2022.