Eine Komödie, die teilweise alles andere als lustig ist oder eine Tragödie mit Happy End?
Shakespeares Much ado about nothing – dargeboten von der American Drama Group Europe (ADGE) auf Burg Trausnitz am 15.7.2025 – ist wohl beides.
Siegreich kehren Prinz Pedro und seine Begleiter Benedikt und Claudio aus einem Krieg zurück und sind zu Besuch bei Leonato, dem Gouverneur von Messina. Auch der illegitime Halbbruder von Don Pedro, der von Grund auf böse Don John, ist dabei. Gleich bei der Ankunft funkt es bei Claudio und er verliebt sich auf den ersten Blick in Leonatos Tochter Hero.
Sein Mentor Don Pedro, wirbt für Claudio und gewinnt Heros sowie Leonatos Zustimmung. Nur Benedikt, der selbstverordnete ewige Junggeselle findet es anfangs nicht so witzig, dass sein Freund „auf die andere Seite“ wechselt. Er misstraut nämlich allen Frauen grundsätzlich und verwickelt sich zum Beweis seiner Einstellung ständig in verbale Auseinandersetzungen voller Sarkasmus und Ironie mit Beartrice, der Nichte Leonatos, die ebenfalls nie heiraten will und Männer grundsätzlich nur schlecht redet: “I had rather hear my dog bark at a crow, than a man swear he loves me.” Keine der beiden Figuren lässt auch nur ein gutes Haar am anderen Geschlecht.
Dennoch könnten alle ob der anstehenden Hochzeit fröhlich sein, aber diese Komödie ist nicht nur leichtes Spiel. Der Schatten einer bitteren Intrige zieht auf. Don John versucht, die Hochzeit zu verhindern, aus Lust am Bösen oder weil er doch auf Don Pedro und Claudio eifersüchtig ist? Wir können nur vermuten. Wem dieser turn of events schon genug ist, der ist bei Shakespeare jedoch falsch. Eine weitere Ebene wird eröffnet.
Benedikts Freunde schmieden einen gut gemeinten Plan, um ihn unter die Haube zu bringen. Und warum auch nicht ausgerechnet mit seiner Erzfeindin, der spitzzüngigen Beatrice? Wenn schon, denn schon! Ruck-zuck werden beide Charaktere in gutmütiger List davon überzeugt, dass sie insgeheim unsterblich in den anderen verliebt sind. Während dieser Plan wie ein Wunder aufgeht und die zwei Erzfeinde zueinander finden, wird Claudio von Don John und seinen Gehilfen manipuliert. Naiv fällt er auf ein hinterlistig gestricktes Lügennetz herein und glaubt schließlich, Hero betrüge ihn schon vor der Hochzeit. Zutiefst verletzt ruiniert er auf grausamste Weise ihren Ruf am Hochzeitstag, nicht einmal ihr eigener Vater hält danach noch zu ihr. Die arme Hero fällt in Ohnmacht und die Gesellschaft wird in dem Glauben gelassen, dass sie gestorben ist.
Da eröffnet sich eine weitere Konstellation: Ausgerechnet eine Gruppe von unfähigen, dummen Polizisten deckt aus Zufall die Intrige auf. Bis die gute Nachricht allerdings an den Hof kommt, dauert es noch ein wenig und Dramatisches spielt sich in der Zwischenzeit ab. So fordert Benedikt, der reformierte Frauenfeind, aufgrund seiner Liebe und Treue zu Beatrice, die fest von Heros Unschuld überzeugt ist, seinen ehemaligen best buddy zum Duell, nachdem Beatrice ihm verzweifelt ihr Leid geklagt hat: “O God, that I were a man! I would eat his heart in the marketplace.”
Lange Rede kurzer Sinn, die Bösen werden bestraft, es steht schließlich eine Doppelhochzeit an und all’s well that ends well. Or is it?
Vielleicht. Zurück bleibt, zumindest aus heutiger Sicht, der bittere Nachgeschmack von Frauenschicksalen, wie sie sich wohl zu Shakespeares Zeit häufig abgespielt haben, aber leider auch heutzutage in so mancher Gesellschaft noch an der Tagesordnung sind: Frauen, die von ihren Vätern verheiratet werden, Frauen, die ohne einen Mann an ihrer Seite machtlos sind, Frauen, die Spielbälle der Männer, Frauen, die von einem „Besitzer“ an den nächsten verschachert werden. Wenn eine einmal mutig den Mund aufmacht, wird sie bestenfalls geächtet und verhöhnt, geschweige denn, dass sie ein unabhängiges Leben führen könnte. Aber das ist noch lange nicht alles. In diesem Stück kann man nichts glauben, was man aus zweiter Hand hört, nichts ist wahr, außer man hat es selbst durch Ausspionieren erfahren, was laut ausgesprochen wird, ist meist eine Lüge oder ein Trick, sogar die Guten fallen darauf herein und benehmen sich dann schlecht. Fake news und Manipulation regieren die Gesellschaft in Shakespeares Messina. Kommt uns das nicht alles nur allzu bekannt vor? Und genau das ist es, was Shakespeares Genius ausmacht, seine Themen sind absolut zeitlos.
Dargeboten wurde uns – einer Gruppe von rund 25 Oberstufenschülerinnen und -schülern, begleitet von sieben Lehrkräften des GGM – das Schauspiel von der bewährten Schauspielertruppe der ADGE, deren hinreißendes Spiel uns – wie schon so oft davor – verzückte. So sehr, dass so manche Beschwerde ob einer ausgelassenen Szene geäußert wurde. Ja, wir hätten dem virtuosen Spiel wirklich noch liebend gerne länger zugeschaut. Gekonnt wird das Tragische mit Slapstick leicht verdaulich gestaltet, so dass man am Ende doch mehr das Gefühl hat, eine amüsante Komödie gesehen zu haben.
Dan Wilder ist wieder einmal in seinem Element als Benedikt und Tom Dean mimt sowohl den jungen Liebhaber Claudio als auch den intriganten Handlanger Don Johns, Boracio, in Perfektion. Ein weiteres altbekanntes Gesicht, Glyn Connop, verkörpert Don Pedro und seinen üblen Halbbruder in wunderbarer Weise. Last but not least überzeugt Bethany Barnes als aufmüpfige Beatrice. Es ist schon verblüffend, wie eine fahrende Truppe von nur sechs Personen so ein vielschichtiges Werk mit einfachsten Mitteln auf die Bühne bringt, ganz ohne Pomp und Digitalisierung. Verantwortlich dafür zeichnet sich das altbewährte Dreamteam: Paul Stebbings als Regisseur und Grantly Marshall als Produzent. Paul wurde 2014 sogar eine Medaille für sein außerordentliches Werk von der Köigin von England verliehen und ausführliche Ahnenforschung hat ergeben, dass Grantly Shakespeares Großneffe in 9. Generation sein soll!
Vielleicht erklärt das den Erfolg der ADGE, wer weiß? Wir freuen uns auf jeden Fall schon auf unseren nächsten Ausflug zur Castle Tour 2026 auf Burg Trausnitz, wo uns die düstere Tragödie McBeth erwartet.
Text und Fotos: C. Gratzer


